Markewitsch

© Thomas Tjiang

Die junge Generation in der sechsköpfigen Geschäftsführung: Matthias, Martin und André Markewitsch sowie Matthias Frank (v. l.).

Das Nürnberger Unternehmen transportiert Lasten, die mehr als 1 000 Tonnen auf die Waage bringen können.

Als vor ein paar Jahren an der Nürnberger Lorenzkirche Restaurierungsarbeiten anstanden, war das für Passanten ein Hingucker. An der historischen Giebelfassade des gotischen Prachtbaus wurden rund 40 Steinblöcke in luftiger Höhe von 22 Metern ausgetauscht. Jeder Steinblock aus dem lokaltypischen Burgsandstein hatte ein Gewicht von bis zu 500 Kilogramm. Für den Austausch der kaputten Steine wurde ein Autokran des Nürnberger Familienunternehmens Gebr. Markewitsch GmbH engagiert. Doch was für Beobachter ein außergewöhnliches Ereignis ist, ist für den Spezialisten für internationale Schwer- und Großraumtransporte eher eine Kleinigkeit. Gehen Trafos aus Nürnberger Produktion, die höher und breiter sind als Schiffscontainer, in die ganze Welt, werden die 500 Tonnen von Gebr. Markewitsch zum Nürnberger Hafen transportiert.

Das Krangeschäft macht mehr als die Hälfte des Umsatzes aus. Die Firmengruppe hat sich mittlerweile zu einem Komplettanbieter für die gesamte Prozesskette entwickelt. Das beginnt bei Planung und Projektierung und kann auch die Demontage von Maschinen oder ganzen Anlagen umfassen. Das Unternehmen kümmert sich dann um die gesamte Logistik inklusive Routenplanung sowie gegebenenfalls den Wiederaufbau einzelner Maschinen oder gar kompletten Produktionsbetrieben.

Anfänge mit Transport von Kriegsschutt

Diese Entwicklung war für die beiden Firmengründer Johann und Andreas Markewitsch nicht abzusehen, als sie 1946 mit einem alten Lkw ihren Betrieb gegründeten. Die Nürnberger Innenstadt lag weitgehend in Schutt und Asche und die Brüder verdienten ihr Geld mit der Beseitigung von Kriegsschäden und der Anlieferung von Baumaterialien für den Wiederaufbau. Mit dem deutschen Wirtschaftswunder wuchsen die Kapazitäten schnell, das Geschäft verlagerte sich auf den Transport von Zement mit speziellen Silobehälterfahrzeugen.

In den 1960er Jahren entdeckten die Gründer das Geschäftsfeld der Autokräne für sich. Nach der Anschaffung des ersten Gittermast-Autokrans folgte bald der erste Teleskop-Kran. In den folgenden 20 Jahren wurde dieses Segment durch immer größere Ausführungen ausgebaut: Dazu gehörte der erste Teleskop-Kran, der 300 Tonnen heben konnte, später investierte das Unternehmen in ein Fahrzeug für 500 Tonnen, das 1992 mit seiner Größe einen weiteren Meilenstein in der Firmenentwicklung markierte. Heute umfasst die Flotte über 70 Kräne. Mit Niederlassungen in Schweinfurt (1976), Würzburg (1987) und Bamberg (2008) wuchs Markewitsch weiter. 2004 wurde die ebenfalls in der Branche tätige Paul Grimm GmbH aus Coburg übernommen und integriert, außerdem ging das Geschäft der Montageabteilung 2005 in eine eigene Gesellschaft über – die MEN Markewitsch Engineering Nürnberg GmbH. Zusätzlich übernahm der Schwertransport-Dienstleister 2015 die Autokrane Schaz GmbH, die vor Kurzem von Erlangen nach Heßdorf umgezogen ist.

Generationswechsel voll im Gang

Aktuell wird das Unternehmen von sechs Geschäftsführern gelenkt: Die Cousins Wolfgang und Robert Markewitsch sind Söhne der beiden Firmengründer. Sie werden seit 2019 von vier Familienmitgliedern aus der dritten Generation verstärkt: André und Martin sind Söhne von Wolfgang Markewitsch, die Linie von Robert wird von Sohn Matthias Markewitsch und Schwiegersohn Matthias Frank fortgesetzt. Der Generationswechsel sei voll im Gang, sagt der gelernte Kaufmann André Markewitsch: „Das operative Geschäft ist weitgehend übergeben.“ Der einfachste Zeitpunkt sei es allerdings nicht gewesen, das Jahr 2020 sei im Schatten von Corona herausfordernd gewesen, ergänzt Speditions-Kaufmann Matthias Markewitsch. Gerade im ersten Lockdown waren viele Betriebe komplett dicht, der Großteil des Geschäfts rund um Montage und Verlagerung bis zu Wartung und Reinigung von Anlagen sei deshalb vielfach verschoben worden, führt Diplom-Kaufmann Matthias Frank aus. Grundsätzlich profitiere man aber von der Stärke, alles aus einer Hand anbieten zu können – ein Angebot, für das es in Deutschland wenig vergleichbare Mitbewerber gebe.

Unter dem Strich habe man das Corona-Jahr 2020 mit einem relativ stabilen Umsatz von 16 Mio. Euro abgeschlossen. Die Belegschaft von insgesamt rund 250 Mitarbeitern konnte auch dank Kurzarbeit stabil gehalten werden. „Es gab keine Entlassungen“, betont Matthias Markewitsch. Als Familienunternehmen habe man von Haus aus ein enges Verhältnis zu seinen Beschäftigten. Profitiert hat man laut Frank insbesondere von der robusten Bauwirtschaft: Neben dem florierenden Hochbau liefen auch die Arbeiten öffentlicher Auftraggeber, etwa bei Brückensanierungen, ziemlich reibungslos weiter. Auf mittlere Sicht rechnet Frank gerade in diesem Segment mit positiven Geschäften. Zudem kämen immer häufiger Aufträge, sogenannte Tiny Houses oder Fertighausmodule zu transportieren. In der Bauindustrie zeichnet sich angesichts des Fachkräftemangels auf den Baustellen ab, dass immer mehr Module etwa aus Holz oder Beton für den Haus- und Gewerbebau von der Industrie vorgefertigt werden. Aktuell gebe es bei Eigenheimbesitzern als Nachklang des Lockdowns nicht nur einen Boom bei der Innenrenovierung, um es sich in den eigenen vier Wänden schöner zu machen. Es sei auch zu einem großen Hype bei Garten-Pools gekommen, weswegen man kaum hinterherkomme, die Bauteile über das Haus in den Garten zu heben.

Digitalisierung gegen Papierkrieg

Intern treibt Fachinformatiker Martin Markewitsch die Digitalisierung voran. Damit kommt das Unternehmen weg von Papierlieferscheinen, sodass sich alle Projektdokumentationen digital archivieren lassen. Der interne digitale Workflow wird aber noch von der Außenwelt ausgebremst: Für einen großen Autokran mit zwölf Tonnen Gewicht sind streckengenaue Ausnahmegenehmigungen von den Behörden sowie Einzelberechnungen zur Statik notwendig. Da kann es passieren, dass der Fahrer 800 Blatt Papier mit allen Unterlagen mitführen muss, illustriert André Markewitsch den Medienbruch im Betriebsalltag.

Das laufende Jahr steht ganz im Zeichen der wirtschaftlichen Erholung, größere Expansionen stehen nicht an. Der Fokus liege auf einer gesunden Entwicklung, betont André Markewitsch. Und sein Bruder Martin ergänzt: „Der Erhalt des Familienunternehmens für die nächste Generation steht an oberster Stelle.“ Vor Meinungsverschiedenheiten in der sechsköpfigen Geschäftsführung ist der dritten Generation nicht bang. „Die Väter geben uns Freiräume“, sagt Matthias Markewitsch. Zudem arbeite seine Generation schon seit zehn Jahren zusammen: „Wir verstehen uns super.“ Sein Schwager Frank pflichtet ihm bei und sieht auch eine Stärke: „Es kann ein Vorteil sein, wenn Entscheidungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln getroffen werden.“

Autor: (tt.)